
Appell für das Recht von Kindern auf Mitbestimmung
Pensionistinnen und Pensionisten nehmen in der politischen Landschaft Österreichs eine zentrale Rolle ein, da sie für viele Parteien als eine der wichtigsten Zielgruppen gelten. Die Furcht vor einer möglichen Abwahl bei der nächsten Wahl ist groß, insbesondere im Hinblick auf die Diskussionen zur Erhöhung des Pensionsalters. Heinz Faßmann, der ehemalige Bildungsminister und Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), betonte, dass die Veränderung der Alterspyramide unaufhaltsam voranschreite. Statistiken von Statistik Austria zeigen, dass bis zum Jahr 2040 nur noch zwei Personen im Erwerbsalter auf einen Pensionisten kommen werden, was erheblichen Druck auf das Pensionssystem ausübt.
Vorschläge für ein neues Wahlrecht
Im Rahmen eines Vortrags, der von der ÖAW und Statistik Austria organisiert wurde, plädierte die Bildungssoziologin und Arbeitsmarktforscherin von der Berliner Humboldt-Universität, Allmendinger, für ein innovatives Konzept eines „Kinderwahlrechts“. Dieses würde bedeuten, dass die Stimmen von Personen mit Kindern ein höheres Gewicht erhalten, um die Interessen der Kinder besser zu vertreten. Allmendinger argumentierte, dass ein solches System dazu führen würde, dass Familien stärker legitimiert werden und politische Bewegungen sich intensiver mit Themen wie Zukunftssicherung, der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie dem Lastenausgleich zwischen den Geschlechtern und in der Gesellschaft insgesamt auseinandersetzen.
Allmendinger forderte darüber hinaus ein Umdenken in der Gesellschaft, das eine „massive Neuorientierung von Lebensläufen“ ermöglicht. Dies würde bedeuten, dass Phasen von Bildung, Neuausbildung, Erwerbstätigkeit, Kinder- und Elternbetreuung sowie verschiedene Varianten von Pension flexibel gestaltet werden können. Diese Anpassung wäre besonders wichtig angesichts der extrem niedrigen Geburtenraten in Österreich und Deutschland, wofür eine Vereinbarkeitspolitik notwendig sei, die auch Männer einbezieht.
Die Realität der Geschlechterverhältnisse
Aktuell stehen Frauen in der Gesellschaft oft vor der Wahl, entweder die traditionell geprägte Rolle als Mutter nicht vollständig zu erfüllen, ihre Eltern im Alter nicht angemessen zu versorgen oder in der Erwerbsarbeit benachteiligt zu werden. Allmendinger stellte fest, dass viele Frauen sich entscheiden, keine oder nur wenige Kinder zu bekommen, um den finanziellen und emotionalen Druck zu vermeiden, der mit diesen traditionellen Rollen einhergeht. Diese Situation wird durch gesellschaftliche Strukturen verstärkt, die dazu führen, dass Männer in der Regel Vollzeit arbeiten, während Frauen einen Großteil der „Mental Load“ des Alltags tragen.
Die Diskrepanz zwischen den Einkommen von Männern und Frauen bleibt ein zentrales Thema in der Debatte. Allmendinger argumentierte, dass eine Erhöhung der Gehälter für Frauen dazu führen könnte, dass mehr Männer in Elternzeit gehen. Zudem wiesen Studien darauf hin, dass viele Männer heutzutage nicht den Lebensstil ihrer Väter übernehmen möchten, die oft nur eine oberflächliche Beziehung zu ihren Kindern hatten. Diese Entwicklungen sind laut Allmendinger ein Aspekt, den die Politik häufig unterschätzt. Die Notwendigkeit, die Herausforderungen von Geschlechtergerechtigkeit und Familienpolitik ernst zu nehmen, ist dringlicher denn je.
Quelle: https://orf.at/stories/3394389/

